Familientherapie

Beziehungen bestimmen unser Leben: Von der Geburt bis zum Tod sind sie die wichtigste Quelle von Freude und Schmerz, von Angst und Lust, von Euphorie und Depression. Sei es im Elternhaus, in der Liebesbeziehung oder in unserer eigenen Familie, überall begegnen sie uns, und nirgends sind sie stets problemfrei.

Die Arbeit des Instituts für Integrative Psychotherapie und Diagnostik beschäftigt sich daher eingehend mit dem Thema Beziehungen: Sowohl in der Paar- und Familientherapie als auch in der Einzeltherapie spielt dieses Thema immer wieder eine große Rolle.

Kämpfen oder Schweigen?
Von entzündeten, versteinerten oder explodierten Familien

„Wer sich in Familie begibt, kommt darin um“, bemerkte einmal der große österreichische Romancier Heimito von Doderer. Ein Stoßseufzer, der vor dem Hintergrund der eigenen Familiengeschichte nur zu verständlich ist. Aber auch in weniger dramatischen Fällen gibt die Familie oft zu Stoßseufzern Anlass. Und bei Familiengeschichten, die allzu schön und harmonisch klingen, schärfen sich die Antennen des Familientherapeuten erst recht. Da wir in der Familie groß werden, wachsen, uns entwickeln, uns ausprobieren und trainieren, muss es zwangsläufig zu Reibungen an allen anderen Familienmitgliedern kommen, die dies ebenfalls tun. Die therapeutische Erfahrung zeigt, dass viele psychische Probleme, unter denen Menschen im Laufe ihres Lebens leiden, ihren Ursprung in der Familie haben. Sigmund Freud, der Erfinder der Psychoanalyse, hätte sogar behauptet, dass es keine Neurosen gebe, die nicht auf die Kindheit und ihre ungelösten Konflikte zurückzuführen seien. Andererseits stellt die Familie auch heute noch eine der zentralen Existenzformen des Menschen dar. Einfach, weil sie so viele elementare Bedürfnisse befriedigen kann: Geborgenheit und Schutz vor Einsamkeit, Versorgung und Lebenslust, Erfüllung im Weitergeben von Eigenem an die nächste Generation. Und, und, und… Klar ist aber auch, dass Zwist und Verwicklungen, Glück und Unglück in der Familie an der Tagesordnung sind, wenn solche Bedürfnisse nicht gestillt werden. Grund für eine Familientherapie liegt aber erst dann vor, wenn sich Unzufriedenheit bis hin zur Krankheit eines Familienangehörigen entwickelt hat – und wenn keiner mehr Hoffnung hat, dass sich an der Situation noch etwas ändern kann. Familien in einer schweren Krise kann man grob in drei Kategorien einteilen: Die entzündeten, versteinerten und explodierten Familien.

Die entzündete Familie: hier findet ein Familienleben statt, das von permanenten Konflikten geprägt ist. Häufige feindliche Auseinandersetzungen zwischen den Familienmitgliedern führen zu ständiger Unausgeglichenheit aller Beteiligten und zum Verlust von positiven Gefühlen wie Freude, Geborgenheit, gegenseitiger Anerkennung und Liebe. Meistens gibt es dann einen „Indexpatienten“, der die Spannung über eine körperliche oder seelische Krankheit ausdrückt, die in der ganzen Familie herrscht.

Die versteinerte Familie: fast noch unerträglicher als in der entzündeten Familie dürfte das Leben in der versteinerten Familie sein. Dort hat nämlich jeder Austausch, damit auch jede Auseinandersetzung längst aufgehört, Gefühle sind aus dem Leben verbannt, jeder macht nur noch gute Miene zum bösen Spiel, man spielt Rollen ohne wirkliche Beziehungen zu den anderen Familienmitgliedern. Dass hier keine Bedürfnisse mehr befriedigt werden, versteht sich von selbst. Meist leidet hier die ganze Familie unter körperlichen Symptomen, wie Bluthochdruck, Magenbeschwerden oder Kopfschmerzen.

Die explodierte Familie: hier ist es schon zum Super-GAU gekommen, die Wege haben sich getrennt, Auszug, Trennung und Scheidung, haben bereits begonnen oder stattgefunden. Auch solche Familien kommen zur Familientherapie, weil oft noch gemeinsame Aufgaben (z. B. gemeinsame Kinder oder ein gemeinsames Geschäft) vorhanden sind, die auf erträgliche Weise bewältigt werden sollen. Familientherapie kann nun in allen drei Fällen dazu beitragen, einen neuen gemeinsamen Weg zu finden, der allen Beteiligten das Leben erleichtert und körperliche Krankheiten überflüssig macht.